ATTAS

VFW614 - Der Bremer Jet

1979/1980

Voruntersuchungen mit VFW (Basis VFW 614) und Dornier (Basis Gulstream II); die Untersuchungen bei Dornier berücksichtigten einige für das Shuttle-Trainingsflugzeug STA entwickelte Modifikationen.

1978

Etwa 1978 werden bei der DFVLR erste Überlegungen zu einem Ersatzmuster für den fliegenden Simulator HFB 320 S1 angestellt.

Oktober 1980

Vorstellung des Projektes ATTAS (BMFT-Statusseminar) durch das DFVLR-Vorstandsmitglied Prof. F. Thomas.

Ende 1981

Vertragsabschluss DFVLR – VFW/MBB für die Umrüstung der VFW G-17 zu einem Forschungsflugzeug und Fliegenden Simulator, sowie Ersatzteilausstattung für weitestgehend autonomen Betrieb nach Programmabbruch (umfassende Dokumentation, diverse Großbauteile, Triebwerke …). Wegen begrenzter Mittel musste die DFVLR umfangreiche Arbeitspakete selbst entwickeln und realisieren wie Beschaffung, Aufbau, Integration und Programmierung des Datenverarbeitungssystems und der messtechnischen Ausrüstung.

1982 – 1984

Bei VFW in Lemwerder wird die G-17 weitestgehend zerlegt und mit den beauftragten Änderungen wieder aufgebaut. Dies betrifft ganz besonders die Verkabelung der elektrischen Anlagen des Basisflugzeuges und der Versuchsausrüstung.

Im Cockpit wird der linke Platz für den Experimentalpiloten umgebaut, d.h. neue Bedienelemente und Anzeigen sind zu installieren.

Insgesamt sind elf von Liebherr speziell entwickelte elektrohydraulische Stellsysteme mit zugehörender Elektronik einzubauen.

Das Beispiel der Höhensteuerung zeigt das Prinzip: Der rechts sitzende Sicherheitspilot kann jederzeit die Steuerung übernehmen, während der Versuchspilot das Flugzeug über die Rechner steuert.

In der Kabine sind vier Arbeitsplätze für das Versuchspersonal eingebaut. Sie überwachen die Systemzustände, bedienen und ändern Rechnerprogramme und die messtechnischen Komponenten und bewerten die Versuchsbeobachtungen.

Bei der DFVLR entstehen unter Beteiligung weiterer Industriepartner die Bord-Rechnersysteme und eine Rechnerbodenausrüstung mit einem Flugsimulator. Hierfür wird von VFW die Struktur eines Cockpits nach Braunschweig geliefert.

13.02.1985

Zweiter Erstflug der G-17 nach etwa 4-jähriger Umrüstzeit.

Besatzung: Pilot Dietmar Sengespeik, Co-Pilot Hans-L. Meyer, Versuchsingenieur Bodo Knorr.

EDWD 09:30 – EDWD 13:00, ohne große Beanstandungen

Für alle am Projekt VFW 614 Beteiligten bedeutete die Entwicklungs- und Aufbauphase von ATTAS noch einmal eine große Herausforderung und für viele eine Erinnerung an die große Begeisterung in der Projektzeit der VFW 614.

Wie zu den Zeiten vor etwa 15 Jahren gab es wieder Sonderbriefe und Sonderstempel der Post.

Februar – Oktober 1985

Bei 39 Versuchs- und Nachweisflügen wurde in 63:25 Flugstunden die Leistung der Versuchssysteme und ganz besonders die Funktion der Sicherheitsabschaltungen erprobt und nachgewiesen. Auch die Ausbildung des technischen und fliegerischen Personals der DFVLR wurde abgeschlossen.

18.09.1985

Das Luftfahrtbundesamt erteilt die Zulassung.

24.10.1985

Übergabe der modifizierten G-17 and die DFVLR.

In Braunschweig trifft die G-17 wieder auf die G-13, welche bereits am 28.10.81 für Einbau-Anpassungen und als „Ersatzteilspender“ von Lemwerder nach hier geflogen war.

Ab 1986

Während der Arbeiten am Flugzeug zur Ergänzung und Ausrüstung des Fliegenden Simulators wird die G-17 auch für aerodynamische Messungen umgebaut.

 

Für Untersuchungen der laminaren Strömung wird ein Teil des Flügels mit einem „Handschuh“, einem geänderter Flügelabschnitt, ausgerüstet.

Ab 1988

Als Hauptanzeigen wurden auf der linken Seite im Cockpit für den Experimentalpiloten Displays wie im Airbus A310 eingebaut. Für die Steuerung konnte auch ein „Side-Stick“ eingesetzt werden.

Als Fliegender Simulator und Versuchsträger weist ATTAS eine Vielzahl von zum Teil einzigartigen Ausrüstungsmerkmalen auf.

Das Prinzip eines Fliegenden Simulators wird mit dieser Darstellung verdeutlicht.

Einige weitere Anwendungsbeispiele von ATTAS aus den 90er Jahren sind:

LARS

Ein Böenabminderungssystem, mit dem Beschleunigungen als Folge von Böen reduziert werden können; damit wird der Flug auch für die Passagiere angenehmer.

HERMES

Die Simulationen für das Projekt eines europäischen Raumgleiters war für die Beteiligten wegen der besonderen Eigenschaften und Flugbahnen ganz besonders interessant.

Natürlich kann ein fliegender Simulator nur in Flugbereichen operieren, die bezüglich Geschwindigkeiten, Höhen, Lastvielfachen usw. in den Zulassungsgrenzen des Basisflugzeuges (G-17) sind.

 

Modernen Fan-Triebwerke haben eine so große Oberfläche der Verkleidung, dass es sich lohnen würde, hier eine widerstandsärmere, laminare Umströmung anzustreben. Messungen dazu im Projekt „Laminargondel“.

 

27.06.2012

Offizielle Außerdienststellung des ATTAS im Flugbetriebshangar in Braunschweig. Damit endet im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt ein historisches Kapitel deutscher Luftfahrtgeschichte: Das Forschungsflugzeug VFW-614 ATTAS (Advanced Technologies Testing Aircraft System) beendet nach fast 27 Jahren seine Dienstkarriere. Der letzte Versuchsflug fand am 11.November 2011 statt – Dauer 1:25 Std. Damit erreichte das Flugzeug bis dahin 3002:25 Stunden mit total 3426 Landungen.

07.12.2012

ATTAS startet in Braunschweig zum allerletzten Flug. Es ist der Ferryflug zum Deutschen Museum, Flugwerft Schleißheim bei München. Endgültige Betriebszeit nach diesem Flug: 3003:30 Flugstunden mit 3427 Landungen.

Über zwei Jahrzehnte lang war ATTAS der große, einzigartige Flugversuchsträger des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Wir vom Freundeskreis VFW 614 e.V. in Bremen haben mit großem Interesse und auch Wehmut den letzten Flug der VFW 614, S/N G17 – ATTAS  D-ADAM verfolgt. Damit ist auch für uns damalige Entwickler des Flugzeugs bei VFW-Fokker in Bremen eine Ära zu Ende gegangen. Ein Abschnitt des erfolgreichen Flugzeugbaus aus bremischer Produktion geht zu Ende.